Sonntag, 26. April 2020

Sebastian Kurz zum Thema: Miteinander in Europa


© oevp-wien.at


Zur Person: 
Sebastian Kurz, Jahrgang 1986, Österreichischer Bundeskanzler

(Dieses Interview fand bereits 2015 statt. Bundeskanzler Kurz war zu der Zeit Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres.)

Während es in Deutschland immer ruhiger um die PEGIDA Anhäger wird, erlebt diese nationalistische Gruppierung in anderen europäischen Ländern gerade eine Hochphase. Am heutigen Sonntag findet in Wien der nächste "Spaziergang" der "Patrioten" statt. Im Gegensatz zu Dresden oder Leipzig, ist die Masse der Teilnehmer sehr überschaubar. Nichts desto trotz ist bereits ein Teilnehmer, bereits einer zu viel. Als ich selbst an einer Anti-PEGIDA- Demo in München teilgenommen habe, habe ich mich gefragt, woher die Ängste und Vorurteile gegenüber "Fremden" und sonstigen "Minderheiten" in Europa resultieren und wie man diesen entgegenwirken kann. Ich fühle mich sehr geehrt und stolz, dass Sebastian Kurz sich Zeit für meine Fragen genommen hat und euch, liebe Leserinnen und Leser, und mir die folgenden Antworten ans Herz legen möchte.


Welche Wünsche, Hoffnungen und Möglichkeiten fallen Ihnen ein, wenn Sie an Europa denken?


Europa ist eine große Chance. Vor allem für Österreich und meine Generation. Die EU war von Beginn an ein Friedensprojekt und hat noch mehr Vorteile gebracht – im wirtschaftlichen Bereich, wenn man an das Reisen oder ans Studieren im Ausland denkt. Jetzt geht es darum die EU noch weiter zu entwickeln, Herausforderungen anzugehen und die Chancen zu nutzen – sei es, wenn man an aktuelle Krisen denkt, an mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten auf EU-Ebene oder an die EU-Erweiterung. Wichtig ist aus meiner Sicht, nicht stehen zu bleiben, sondern das Projekt gemeinsam weiterzubringen.

Weshalb haben zunehmend europäische Bürger Angst vor dem "fremden"? Wie kann man dieser Angst entgegenwirken?


Die Ängste und Sorgen sind wahrscheinlich überall auf der Welt zu beobachten. Wichtig ist es, diese Angst nicht zu schüren, Neiddebatten auszulösen, sondern eine sachliche Politik zu machen: Ehrlich, was Probleme betrifft, aber konstruktiv und positiv, was Lösungen betrifft. Medien, Politik und Bürgerinnen und Bürger müssen dabei wieder näher zusammenrücken.

Beschreiben Sie bitte Ihre schönste Erfahrung bzgl. Europapolitik in Ihrer Amtszeit als Außenminister?


Es gibt unzählige Erfahrungen, die bewegend sind– Treffen mit beeindruckenden Persönlichkeiten, Diskussionen vor Ort oder große Entscheidungen, an denen man mitarbeiten kann - in unterschiedlichen Bereichen in unserem Ministerium. Ganz besonders ist es natürlich, wenn mein Team und ich im konsularischen Bereich tätig sind und Öterreicherinnen und Österreicher in Krisenzeiten helfen und sicher nach Hause bringen können.

Und welche Erfahrung hat Ihnen vor Augen geführt, dass die Europäer nicht mit der selben Brille auf die Welt blicken?


In Europa haben wir das Glück in Frieden und Freiheit zu leben, was jedem Bürger und jeder Bürgerin einen individuellen Blick auf die Welt erlaubt. In Europa haben wir sicher sehr viele Vorteile gegenüber anderen Ländern, aber auch einige Umstände, wo wir von den anderen lernen können.

Wie kann jeder von uns sich rassistischem Gedankengut wiedersetzen?


Indem man selbst Vorbild dafür ist, wie man in Österreich miteinander umgehen will. Klar ist, dass Rassismus keinen Platz in Österreich haben darf. Damit wir möglichst früh anfangen, Vorurteile abzubauen bzw. erst gar nicht entstehen lassen, holen wir mit unserem Projekt Zusammen:Österreich positive Vorbilder für eine gelungene Integration vor den Vorhang und gehen mit Ihnen an Schulen. Dabei erzählen bekannte Persönlichkeiten aus Sport, Wirtschaft und Kultur, aber auch "Helden von nebenan" als Integrationsbotschafterinnen und Integrationsbotschafter an ihre erfolgreichen Integrationsgeschichten und diskutieren auf Augenhöhe Über Integration und Migration. Gleichzeitig unterstützen wir dort, wo es Probleme gibt, mit einer Anti-Diskriminierungs-Hotline.

Wie können die "fremden" zum Zusammenhalt in Europa beitragen?


Jede und Jeder kann einen Beitrag leisten, damit Europa funktionieren kann– im Kleinen, wie im Großen. Wichtig ist, dass Menschen aufeinander zugehen und eine gemeinsame Basis schaffen, z.B.: Grundwerte wie Freiheit.

Welche Ziele und Aufgaben sollten Menschen, die sich zu einer sexuelllen Minderheit zählen, in der europäischen Gesellschaft verfolgen?


Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, seinen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und auch nur danach beurteilt werden. Wir müssen mehr auf das Verbindende als auf das Trennende achten.

Welchen Beitrag müssen die Weltreligionen leisten, damit Harmonie und Frieden zwischen den Menschen auf Dauer gesichert bleibt?


Für ein friedliches Zusammenleben kann der interreligiöse Dialog einen wesentlich Beitrag leisten. Wir wollen darauf schauen, was Menschen verbindet und nicht darauf, was sie trennt. Gerade im Ministerium für Europa, Integration und Äußeres arbeiten wir an diesem Dialog und versuchen gemeinsam an einem gemeinsam Miteinander zu arbeiten– wie zum Beispiel beim Einsatz für die Religionsfreiheit.

Welchen Rat haben Sie abschließend an die jungen Menschen in Europa, die sich in einem Europa voller Krisen sehen?


Um einen Rat zu geben, bin ich noch nicht alt genug. Würde aber sagen, junge Menschen sollen zwar kritisch, aber positiv auf die Zukunft Europas schauen– und sich konstruktiv einbringen. Ein friedliches und geeintes Europa ist die größte Chance für meine Generation, die wir mitgestalten können und sollten. Dazu muss aber vor allem die Politik ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung stellen.

Rassismus und intolerantes Verhalten gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe, Religion oder Sexualität hat nicht nur in Österreich nichts zu suchen, sondern weltweit. Fühlen wir uns also dazu berufen die "Willkommenskultur" Realität werden zu lassen um die weltweiten Friedensprozesse mit unseren offenen Herzen zu tragen. 

Herzlichst 

Euer Adam Worozanski

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